Adato erscheint seit 2002; sie ist die einzige luxemburgische Architekturzeitschrift, die jeder am Bauen im weitesten Sinne Interessierte als Lektüre erhielt. Sie legt mit diesem Heft einen Neustart vor.
Das erste Heft von Adato behandelte das Thema „Die jungen Wilden“ und gab einen Überblick darüber, wie der Architektenberuf ausgeübt wird und welche Probleme und Erfolgschancen es gibt. Spätere Inhalte umfassten ein grosses Spektrum grundsätzlicher Themen der Gestaltung, des Design, von Kunst und Landschaftsplanung, von Innenarchitektur und Städtebau. Die Zeitschrift mit ihren Themenheften erschien viermal im Jahr. Die Redaktion von Adato lag und liegt in der Verantwortung des luxemburgischen Architekturbüros Francois Valentiny.
Eine Zeitschrift lebt von der aufmerksamen Lektüre ihrer Leser, der regelmässigen Erscheinung und der Präsens am Markt. Wo diese nicht gewährleistet sind, gerät ein Magazin oft in Gefahr. Allerdings war Adato nie in dieser Situation. Manchmal aber läßt sich die zeitweise Einstellung des Erscheinens einer Zeitschrift trotzdem nicht verhindern.
Entwicklungen wie die schrittweise Erarbeitung von grafischen Änderungen wird jede Redaktion versuchen, so einzubauen, daß sie den Lesern kaum auffällt, also unaufdringlich bleibt. Bei grundsätzlichen Fragen neuer Inhalte aber oder veränderter Zielgruppen ist eine vorsichtige Umgestaltung im laufenden Betrieb nicht immer machbar.
Das Erscheinen von Adato wurde für wenig mehr als ein Jahr unterbrochen. Ab sofort wird die Zeitschrift in einem leicht veränderten Format und mit neuen Inhalten wieder präsent sein und hoffentlich erneut den Berufsalltag von Architekten bereichern. Der Neustart ist jedenfalls einer voller Optimismus und Zuversicht.
Der Grund für die Weiterentwicklung von Adato und seine zeitweise Entfernung vom Markt hat ihre Erklärungen in der Gründung der „Valentiny Foundation“. Francois Valentiny hat 2014 nach langen Überlegungen und gründlicher Vorbereitung eine Stiftung gegründet, um sein gesamtes bisheriges Oeuvre in Form von Plastiken, Modellen, Zeichnungen und Gemälden publik zu machen und mit der Öffentlichkeit zu teilen.
In diese neue Struktur galt es, Adato inhaltlich und formal einzupassen, also die Zeitschrift Teil der Stiftung werden zu lassen, sie aber nicht gänzlich ihrem ursprünglichen Zweck und ihrer Funktion zu entfremden.
Die Valentiny Foundation wird zukünftig in einem Neubau in Schengen untergebracht. Über 3ooo der in die Stiftung eingebrachten Stücke sollen dort ausgestellt werden und Diskussionen über die gegenseitige Beeinflussung von Kunst und Architektur, wie sie das Oeuvre von Francois Valentiny kennzeichnet, fördern. Als operative Organisation will die Stiftung architektonische, pädagogische, soziale und touristische Ziele verfolgen und dazu Veranstaltungen durchführen. Dabei will sie mit vielen Partnern von staatlichen Stellen bis zu Universitäten, von Architektenkammern bis zu Verbänden zusammen arbeiten.
Im weitesten Sinne geht es bei der Arbeit der Stiftung um die Bekanntmachung und Beförderung von architektonischen Ideen und Resultaten, die durch Phantasie und Angemessenheit überzeugen, die Fortschrittlichkeit und Zukunftsfähigkeit versprechen und das Architekturspektrum um substantiell neue Perspektiven erweitern.
Das erste Projekt der Valentiny Foundation war die Auslobung des neu geschaffenen Architekturpreises und am 21.September die Entscheidung einer Jury darüber, wer von den 51 Entwurfsverfassern ausgezeichnet werden sollte. Die Arbeiten kamen aus 13 unterschiedlichen Ländern, darunter China, Japan, Russland und Frankreich. Diese erstaunlich hohe Zahl von Einsendungen war gänzlich unerwartet. Gewöhnlich ist eine erste Auslobung so etwas wie eine Art Testlauf mit wenigen Teilnehmern. Hier aber hatte man geradezu den Eindruck, als habe der von zahlreichen Preisen im Grunde gesättigte Markt auf diese neue Auszeichnung noch gewartet.
Das vorliegende Heft zeigt die drei ausgezeichneten Arbeiten von Roberto Boettger, AA London, von Jacobus Schwarz, Universität Trier und Alexandra Völker, HTWK Leipzig. Gratulation an alle Preisträger und auch an die 12 Entwurfsverfasser, die eine Anerkennung erhielten.
Der 1. Preis von Roberto Boettger „Reconciling Infrastructural Artfacts“ verknüpft - typisch für eine Londoner Situation - einen seit 1868 bestehenden Fleischmarkt mit einer für das Jahr 2017 geplanten Umsteigestation der U-Bahn, die 29 Meter darunter liegt. Die bestechende Qualität dieser Entwurfsarbeit liegt in der Durchdringung der beiden absolut gegensätzlichen Themen bzw. Welten, die aber ungemein sensibel und subtil miteinander verknüpft werden und einen großartigen neuen Raum bilden.
Im Zuge der Diskussion um den Neustart und eine veränderte Rolle von Adato wurde auch darüber beraten, sie in eine online Zeitschrift umzuwandeln. Diese Absicht wurde jedoch schnell aufgegeben.
Das Internet ist inzwischen zu unübersichtlich, vieles geht verloren, aber vor allem hat es keine haptischen Qualitäten, die ein Architekturmagazin aufweisen sollte.
In einem Aufsatz über Architekturkritik (Adato 2/13/42) war zu lesen, daß auch im „21. Jahrhundert Architektur eine gesellschaftliche Kraft ist, die Gefühlen, Stimmungen und Befindlichkeiten Raum gibt, die aber auch nach Idealen und Maßstäben einer Gesellschaft befragt werden kann“. Architekturkritik sei kulturelle Auseinandersetzung, technische, konstruktive, materielle, ökonomische Analyse, psychologische Forschung, politischer Diskurs und Gesellschaftskritik. Und diese vielfältige Sicht schien den Herausgebern von Adato eher in einer klassischen Architekturzeitschrift zu verwirklichen zu sein als online.
Adato soll – ganz bewußt – eine Zeitschrift mit Haltung sein, sie soll für bestimmte Werte stehen und das anspruchsvolle Thema Architektur mit Mut, Verantwortung und Risikobereitschaft angehen. Adato will Reibung und Auseinandersetzung im Sinne der Definitiion von Baukunst durch Max Bächer. Er schrieb: „Baukunst kann man nicht befehlen, verordnen, planen oder kaufen. Sie ist das Ergebnis von Voraussetzungen und Randbedingungen der jeweiligen Zeit und insofern immer wieder ein Spiegelbild der Gesellschaft, ihrer Sehnsüchte, ihres Wollens, ihrer Schwächen, ihrer Stärken und ihres Unvermögens… sie ist ein kultureller Prozeß.“
In diesem Sinne wünsche ich dem Neuanfang von Adato eine glückliche Zukunft.