Frauen in der Architektur

Rückblicke Positionen Ausblicke

Dieses 2021 herausgegebene Buch von Ursula Schwitalla ist gut gemacht. Am Beispiel von 36 internationalen Architektinnen, die jeweils auf einer Doppelseite einen ihrer Bauten vorstellen, gewinnt man einen guten Überblick über die Vielfalt weiblichen Bauens. Kurze, sehr lesbare Beiträge über Architektinnen in der Baugeschichte – die sich an einer Hand aufzählen lassen – und die beiden Ausnahmebaumeisterinnen Zaha Hadid und Eileen Grey vertiefen den Einblick in das weibliche Schaffen in der Architektur, schildern aber auch deutlich die Schwierigkeiten, mit denen Frauen  im Vergleich zu Männern immer noch zu kämpfen haben.

Spannend wird das sachliche und ideologiefreie Buch, wenn man seinen Inhalt mit den Fragen und Thesen vergleicht, die Ende der 1970er Jahre die öffentliche Debatte über Frauen in der Architektur noch beherrschten. Ist Architektur Männersache oder Weiberkram, hieß es damals in zahlreichen Debatten, in grotesk-feministischen Analysen sprach man von Gebärmutter- und Phallusarchitektur. Ähnlich schmalspurig, allerdings nicht so peinlich hatte ja schon Heinrich Tessenow in den 1920er Jahren behauptet, dass das lineare Element der Straße männlich sei, vielgestaltige Plätze dagegen eindeutig weiblich. Im rechtwinklig- männlichen Architekturparadies  damals bestimmte die Auffassung, dass Männer nicht nur besser, sondern auch völlig anders als Frauen bauten die Diskussion. Von partnerschaftlichem Miteinander und Teamwork war nirgendwo die Rede.

Zehn Jahre später auf einem Kongress von Architektinnen in Hamburg hatte man dieses ideologische Geschwafel Gottseidank überwunden. Nur noch am Rande blitzte die Meinung durch dass Frauen Schwierigkeiten mit rationalem Denken und Bauen haben könnten.
Die Spannbreite der im Buch publizierten Bauten, die zu 50 Prozent das Ergebnis von Wettbewerben sind,ist groß. Die beeindruckendsten sind allerdings Kulturbauten.
Daraus jedoch den Schluss zu ziehen, dass Architektinnen Büro- und Gewerbebauten nicht „könnten“, ist nicht berechtigt. Auch frühere Behauptungen Architektinnen bevorzugten andere Materialien als Architekten, stimmt in keiner Weise. Weder in den Materialien, den Farben, in der Vielgestaltigkeit noch in der Transparenz oder in der Höhe lassen sich tiefgreifende Unterschiede feststellen. Es könnte höchstens sein, dass die Herren Architekten ein wenig stärker zur Selbstdarstellung in exzentrischen Bauten neigen, als Frauen das tun.
Das wär es aber auch.